Der bekannte Komiker Shimura Ken 志村 けん ist verstorben

Shimura Ken 志村 けん ist leider am vergangenen Sonntag, den 29. März 2020 an Covid-19 verstorben. Er ist durch sein Mitwirken in der Comedy-Gruppe The Drifters ザ・ドリフターズ in den siebzieger Jahren bekannt geworden. Seine bekannteste Figur war Henna Ojisan 変なおじさん (komischer Onkel). Während seiner Karriere hat er uns auch lustige Shôgi-Sketche geschenkt:

Und für alle, die Schwierigkeiten mit der Sprache haben, gibt es hier noch eine kleine Sprachlektion von Shimura Ken:

Und das sechste Pferd ging an: Chung Man Chan! Bericht vom Shôgi Kyu Cup Hamburg 2019

Er läuft und läuft … zum sechsten Mal nun schon wurde der Shôgi Kyu Cup am 9. November 2019 in Hamburg ausgespielt.
Ein Erfolgsgeheimnis dürfte die anregende Mischung aus vorwiegend lokalen Spielern und weiter Angereisten sein. Obgleich das Turnier sein Stammpublikum hat, tauchen beileibe nicht immer dieselben Teilnehmer auf. Trotzdem kamen wir auch dieses Jahr auf 14 Teilnehmer, davon im strengen Sinne 4 Jugendspieler. Die haben sich dieses Mal sogar ohne ihren angestammten Mentor, den Harburger Schachlehrer Jürgen Woscidlo, angemeldet, um ihre Spielkünste zu verbessern. Alle Achtung.
Was ist vom Gesamt-Turniergeschehen erwähnenswert?

René Gralla (li.) und Rolf Müller.
Rolf Müller (re.) und René Gralla.

Zum Einen die Anmeldung von Rolf Müller aus Lübeck. Hatte er doch in seinem Haus und Garten im Sommer 2019 ein eigenes Lübecker Turnier ins Leben gerufen, welches fabelhaft bei den Teilnehmern ankam. Rolf ließ sich von seinen – schon fast ‚konstant spärlich‘ zu nennenden Erfolgserlebnissen am Brett – nicht beirren und meldete sich wieder zum Shôgi Kyu Cup an! Selbst von einem Unfall, der die Autobahn stundenlang blockierte, ließ er sich nicht dauerhaft aufhalten, weshalb er zwei Runden verpasste. Ein wichtiger Zusatzgrund für diesen Einsatz wurde sogleich von ihm auf den Tisch gestellt – reichlich Kuchen für die Teilnehmer, welche sich nicht zweimal bitten ließen, … „Das Turnier“ belohnte ihn dafür auf seine Weise: er wurde nicht Letzter!
Wolfgang Reher, der sich nach seinem zweiten Platz beim Kyu Cup 2015 offensichtlich nach neuen Herausforderungen abseits des Shôgi-Bretts umschaut, flanierte wieder einmal als helfender Beobachter durch den Turniersaal.
Ingo Köhler, Vorjahressieger, wollte sich auf seinen Lorbeeren nicht ausruhen und suchte erneut die Herausforderung; die dieses Jahr härter ausfiel. Seinem Kyu Pferd zuhause war das sicherlich egal.

Ingo Köhler (re.) im Spiel vertieft gegen Uwe Frischmuth.
Ingo Köhler (re.) im Spiel vertieft gegen Uwe Frischmuth.

Besondere Freude musste Ingo Iwasaki empfunden haben. Hatte er letztes Jahr noch leicht geknickt den Spielsaal wegen seines persönlichen Turnierverlaufs verlassen– so lieferte er dieses Mal eine ihm entsprechende Leistung ab. Geht doch!

Ingo Iwasaki (re.) gegen Ian Meinköhn.
Ingo Iwasaki (re.) gegen Niels Meinköhn.

Die hohe Leistungsdichte zeigte sich dieses Jahr besonders deutlich. Neben den beiden ersten Turnierplätzen erreichten gleich 6 von 14 Teilnehmern 3 Punkte, welche sich auf die Plätze 3-8 verteilten. Anton Borysov, 14 Jahre alt, hatte bereits bei seinem Sieg gegen Yuki Nagahori eine besonders starke Duftmarke gesetzt, die er mit einem Sieg gegen Uwe Frischmuth noch verstärkte. Da ihm in sehr aussichtsreicher Stellung gegen René Gralla dann doch die Puste ausging, blieb ihm „nur“ der dritte Platz in der Abschlusswertung. Andernfalls hätte er um den Turniersieg mitgespielt. Trotzdem eine Riesenleistung, Anton!

Bester Hamburger Jugendspieler: Anton Borysov.
Bester Hamburger Jugendspieler: Anton Borysov.

Auch der viertplatzierte René Gralla schien mit seiner Leistung versöhnt, ist er doch Anton Borysov in letzter Sekunde trickreich von der Schippe gesprungen. Das Hamburger Urgestein Fabian Krahe landete als vorgewerteter 7ter auf dem 5ten Platz – welches für ihn zufriedenstellend sein dürfte.

Niels, Ian und Sven Meinköhn zusammen mit dem Turniersieger Chung Man Chan.
Niels, Ian und Sven Meinköhn zusammen mit dem Turniersieger Chung Man Chan.

Die hinteren Platzierungen sind allesamt mit einem zählbaren Punkt nach Hause gegangen. Darunter die drei Meinköhn-Brüder Niels, Ian und Sven, die sich weiterhin im Turniersaal blicken lassen.
Martin Wolff hatte mit 2 Punkten ein wohl durchwachsenes Ergebnis. Aber als Teilnehmer der gerade beendeten diesjährigen Janggi Weltmeisterschaft in China konnte er seine positiven Erinnerungen daran wohl beim Shôgi doch nicht ganz abschalten.

Martin Wolff (re.) gegen Niels Meinköhn.
Martin Wolff (re.) gegen Niels Meinköhn.

Unser Gründervater Masaomi Ishii hatte diesmal etwas mehr Erfolg als beim letztmaligen Alster Cup im April 2019, auf den wir an dieser Stelle aufmerksam machen wollen.

Masaomi Ishii (dritte v. re.)
Masaomi Ishii (dritte v. re.)

Das wichtigste zuletzt: auch seine Anmeldung als erster Spieler – unmittelbar nach der Siegerehrung zum Kyu Cup 2018 – hat in Chung Man Chan wohl die Kräfte freigesetzt, die es zu einem Turniersieg braucht. Er wollte es wissen. Formell an zweiter Stelle der Teilnehmerliste gesetzt, wollte er den missglückten Versuch im letzten Jahr ungeschehen machen. Der Turnierverlauf machte es Chung Man Chan auch diese Jahr nicht einfach – verlor er doch ausgerechnet gegen Yuki Nagahori – Neu-Hamburger und Sieger von Lübeck 2019.

Chung Man Chan (li.) gegen Yuki Nagahori in der vierten Runde.
Chung Man Chan (li.) gegen Yuki Nagahori in der vierten Runde.

Da Yuki seine Partie gegen das Hamburger Shôgitalent Anton Borysov in den Sand setze, ergab sich nach der 5ten und letzten Runde die Notwendigkeit zu einem Tiebreak – gemäß der Tradition des Shôgi Kyu Cups Hamburg. Bei Punktegleichheit werden die direkten Ergebnisse nicht gezählt – es wird in einem Tiebreak ausgeblitzt. Hier konnte sich Chung Man gegen Yuki durchsetzen. Herzlichen Glückwunsch!

René Gralla wies auf einen interessanten Umstand hin: seit Jahren werden unsere Shôgi Aktivitäten vom „chinesischen“ Konfuzius Institut massiv unterstützt; so auch diesmal. Shôgi erfreut sich auch in China seit Jahren wachsender Beliebtheit und Spielstärke. Insofern hatte der diesjährige Gewinner chinesischer Herkunft gegen einen Zweitplatzierten aus Japan so eine Art Heimvorteil, den dieser zu nutzen verstand …

Nach dem Ende dieses wieder in sehr freundschaftlicher Atmosphäre durchgeführten Turniers freuen wir uns schon auf den 18. April 2020: Dann findet das „Shôgi Open Hamburg“ statt. Der vormalige „Alster Cup“ wurde in „Shôgi Open Hamburg“ umbenannt, um klarer zum Ausdruck zu bringen, dass dieses Turnier offen für alle Teilnehmer ist – im Gegensatz zum „Shôgi Kyu Cup Hamburg“.

Uwe Frischmuth & René Gralla
Shôgi Hamburg

Die Teilnehmer des 6. Shôgi Kyu Cup.
Die Teilnehmer des 6. Shôgi Kyu Cup, und die Verantwortlichen des Konfuzius-Instituts (2. R. li.)

6. Shôgi Kyu Cup Hamburg 2019, 2019-11-09, Ergebnisse

Nr Name Nat Grade ELO 1 2 3 4 5 Pts +/-
1 Chan Chung Man HK 2 Kyu 1596 7+ 4+ 3+ 2- 5+ 4 6
2 Nagahori Yuki JAP 1720* 5+ 3- 6+ 1+ 4+ 4
3 Borysov Anton UKR 5 Kyu 1257 10+ 2+ 1- 4- 6+ 3 99
4 Gralla René DE 5 Kyu 1261 11+ 1- 9+ 3+ 2- 3 36
5 Krahe Fabian DE 6 Kyu 1257 2- 13+ 7+ 8+ 1- 3 37
6 Frischmuth Uwe DE 3 Kyu 1340 14+ 8+ 2- 10+ 3- 3 0
7 Iwasaki Ingo DE 7 Kyu 1181 1- 11+ 5- 13+ 9+ 3 16
8 Köhler Ingo DE 5 Kyu 1292 9+ 6- 13+ 5- 10+ 3 -7
9 Wolff Martin DE 9 Kyu 991 8- 14+ 4- 11+ 7- 2 31
10 Ishii Masaomi JAP 11 Kyu 762 3- 0+ 14+ 6- 8- 2 71
11 Meinköhn Niels DE 11 Kyu 860 4- 7- 12+ 9- 14+ 2 45
12 Müller Rolf DE 14 Kyu 538 0- 0- 11- 14- 13+ 1 24
13 Meinköhn Sven DE 1* 0+ 5- 8- 7- 12- 1
14 Meinköhn Ian DE 8 Kyu 1070 6- 9- 10- 12+ 11- 1 -52

Promoting Nagahori Yuki to 2 Kyu
Promoting Krahe Fabian to 5 Kyu
Promoting Iwasaki Ingo to 6 Kyu
Promoting Wolff Martin to 8 Kyu
Promoting Meinköhn Niels to 10 Kyu

In eigener Sache: Shôgi Hamburg hat nun einen YouTube-Kanal

Liebe Shôgi-Enthusiasten,

ich habe heute einen YouTube-Kanal eingerichtet. Ich hoffe, dort auch in Zukunft Videos von Shôgi-Partien, -Turnieren und Veranstaltungen, sowie von Veranstaltungen anderer Schachvarianten in Hamburg zu veröffentlichen.

Das erste Video ist eine Aufnahme vom Blitz um Platz 1 beim gestrigen 6. Shôgi Kyu Cup Hamburg:

6. Shôgi Kyu Cup Hamburg, 9. November 2019
Blitzpartie um Platz 1
Schwarz: Yuki Nagahori (-/1698 Elo*) vs.
Weiß: Chung Man Chan (2 Kyu/1596 Elo)
Ergebnis: 0-1

Die kif-Datei zum Download und nachspielen der Partie.

*vorläufige Elo-Zahl

Fabian Krahe

Schach und Shôgi im Film

Von Fabian Krahe

Schach spielt in Literatur und Film immer Mal wieder eine prominente Rolle. Und bevor ich einen kleinen Blick nach Japan werfe, möchte ich erstmal Schach im westlichen Kulturraum betrachten Das bekannteste Beispiel ist im deutschsprachigen Raum sicherlich Stefan Zweigs „Schachnovelle“, in der Zweig Schach als Metapher für den Kampf zwischen dem europäischen Kulturmenschen und dem Nationalsozialismus benutzte. Die Erzählung entstand zwischen 1938 und 1941 im Exil, in das der Pazifist 1934 aus Österreich vor den Austrofaschisten flüchtete. Dem Symbolismus der Geschichte opferte Zweig allerdings die Realität des Schachspiels, von dem er ohnehin kaum eine Ahnung hatte, so dass sich zusätzlich noch einige sachliche Fehler einschlichen. Dass so das Schachspiel auch wenig gut wegkommt, mag wenig verwundern. Siehe auch: Johannes Fischer: Ein symbolischer Rückzug. Kritische Anmerkungen zu Stefan Zweig, in: Karl Online. 20.04.2002.https://karlonline.org/kol03. 1960 verfilmte Gerd Oswald den Stoff mit Curd Jürgens und Mario Adorf in den Hauptrollen fürs deutsche Kino.

Auf die große Leinwand kam das Schach allerdings schon 1925 in Russland mit dem Film „Шахматная горячка“ (Schachfieber), der die große russische Schachbegeisterung der zwanziger Jahre satirisch kommentierte.

Der Film inspirierte auch Vladimir Nabokov zu seinem bekannten Roman „Защита Лужина“ (Lushins Verteidigung), in dem der Protagonist, dem Schach verfallen, sich am Ende (womöglich) das Leben nimmt, in dem er aus dem Badefenster springt. Marleen Gorris verfilmte den Roman schließlich 2000 mit John Turturro und Emily Watson in den Hauptrollen.

2014 wurde das Biopic “Pawn Sacrifice” (Bauernopfer – Spiel der Könige) von Edward Zick mit Tobey Maguire als Bobby Fischer zwar von Kritikern durchaus wohlwollend aufgenommen, war jedoch mit einem Einspielergebnis von 5,6 Millionen eine Box Office Bomb. Der Film schildert das Leben des großen amerikanischen Schachspielers Bobby Fischer und lässt die Handlung im „Match des Jahrhunderts“ zwischen Fischer und Boris Spasski kulminieren. Wie schon in Zweigs „Schachnovelle“ weißt das Schach hier weit über sich hinaus, wird das Spiel zum Kampf der Systeme. Fischer und Spasski sind bloß Bauern im Wettstreit von Kapitalismus und Kommunismus; die Könige sind Nixon und Breschnew.

Es ist bemerkenswert, dass in allen diesen Filmen – und es lassen sich leicht noch weitere Beispiele anführen – Schach als Obsession, gar als eine Art von Wahn dargestellt wird. Die Protagonisten sind ihm verfallen und immer fordert er, der Schachwahn, seinen psychischen, zuweilen auch physischen Tribut. Selbst in „2001 – A Space Odyssey“ nutzte der schachbegeisterte Stanley Kubrick das königliche Spiel, um zu zeigen, dass die KI HAL 9000 langsam ihren Verstand(?) verliert.

Anders ist es oft, wenn Schach der Charakterisierung einer Person dient und nicht das Hauptthema eines Filmes ausmacht. Schach dient dann oft dazu die Intelligenz, Intellektualität oder die Willensstärke eines Protagonisten herauszustreichen. Sei es in Harry Potter und der Stein der Weisen, Independence Day oder X-Men.



Und last but not least konnten wir die Erotik des königlichen Spiels in Filmen wie „The Thomas Crown Affair“ (Die Thomas Crown Affäre) von 1968 oder „Joueuse“ (Die Schachspielerin) von 2009 erleben.


So wie das Schach im westlichen Kulturraum, spielt Shôgi in Japan im Film eine ähnliche Rolle. Die japanische Wikipedia listet tatsächlich neun Filme zum Thema Shôgi auf.
Das erste Mal ist mir Shôgi in dem Film „聯合艦隊司令長官 山本五十六 -太平洋戦争70年目の真実-„ (Titel in Deutschland: Der Admiral. Krieg im Pazifik) von 2011 begegnet, denn keiner der in der Wikipedia aufgelisteten Filme wurde bisher in Deutschland veröffentlicht, abgesehen von einmaligen Aufführungen bei Filmfestivals. Der Film „Der Admiral“ zeigt die Rolle Yamamoto Isorokus (1884-1943) während des Pazifikkriegs. Isoroku entstammte einer Samurai-Familie, die im Boshin-Krieg auf Seiten des Shôgunats kämpfte. Ab 1901 begann er eine Karriere in der Marine. Von Anfang an stach er aufgrund seiner hervorragenden Leistungen hervor. Durch sie wurde er auch in den Yamamoto-Clan adoptiert und legte daher 1915 seinen bisherigen Familiennamen Takano ab. Yamamoto stieg rasch auf. 1939 übernahm er schließlich den Befehl über die Kombinierte Flotte und war maßgeblich an der Planung des Angriffs auf Pearl Habor beteiligt. 1943 wurde sein Flugzeug von amerikanischen Fliegern abgeschossen und er nahm sich noch in der Luft das Leben.
Yamamoto hatte seit seiner Jugend ein starkes Interesse am Shôgi. Dies hielt sich auch noch während er den Oberbefehl über die Kombinierte Flotte innehatte. Es heißt, er habe abends ab acht Uhr oft mehrere Stunden Shôgi gespielt. Tatsächlich ist überliefert, wie er selbst während der Schlacht von Midway, als die Nachricht hereinkam, dass die drei Flugzeugträger Akagi, Kaga und Sôryû bombardiert wurden, Shôgi spielte. Vgl. seinen japanischen Wikipediaeintrag.

Leider habe ich auf YouTube keinen Zusammenschnitt mit den Shôgiszenen finden können. Aber auch der Film „軍神山本元帥と連合艦隊“ (Gunshin Yamamoto gensui to rengô kantai) aus dem Jahr 1956 hat eine längere Szene, die Yamamoto beim Shôgispielen zeigt. Nicht dass der Film gut wäre, aber immerhin hat irgendwer den bei YouTube eingestellt. Die japanische Wikipedia listet insgesamt neun Filme und ein Fernsehdrama über Yamamoto auf, inwiefern dort Shôgi gezeigt wird, konnte ich leider nicht herausfinden.

Auch in Kitano Takeshis (北野武) Yakuzafilm „Brother“ aus dem Jahr 2000 ist Shôgi in zwei Szenen zu sehen. Einmal dient Shôgi zur Gestaltung einer Szene in Form eine Deko-in-Motion, in der der Protagonist Yamamoto Aniki, gespielt von Kitano, eine Partie gegen einen seiner Mitstreiter spielt. Ein weiteres Mal spielt Shôgi auch eine kleinen dramaturgischen und Black-Humor-mäßgen Part in einer recht makabren Szene: Aniki bestraft einen Dealer, der ihn betrügen wollte, auf die Weise, dass er dem Mann Shôgi-Steine in den Mund stopft – und dann zuschlägt, gezielt auf den Mund, so dass der Getroffene reflexartig die Zähne zusammenbeiß … und wir sehen sofort das Resultat: der Bestrafte spuckt Blut und Zähne und Shôgisteine. Dass Takeshi Kitano ausgerechnet Shôgi in den Film eingebaut hat, hat einen guten Grund. Takeshi Kitano ist selber totaler Shôgifan, wie deutlich geworden ist in einem Interview, das er mit René Gralla anlässlich des Starts von „Zatoichi“ 2004 in Hamburg im Hotel „Atlantic“ geführt hat. In diesem Interview hat er nämlich am Ende, als René ihn auf Shôgi angesprochen hat, den Verlauf einer Vorgabepartie erklärt, die er gegen Habu im Fernsehen bestritten habe. Ohne Brett und Steine erklärte er René, wie ihm Habu zunächst ein komplettes Anaguma-Castle als Vorgabe in der Partie gewährt habe und wie Habu dieses Anaguma in kürzester Zeit zertrümmert habe.

Aber es gibt auch einige japanische Filme in denen das Shôgithema bestimmend ist. Das erste Mal bereits 1948 mit der Verfilmung von „王将“ (Ôsho) durch Itô Daisuke (伊藤大輔). Ôsho ist ein Theaterstück von Hôjô Hideji (北条秀司), dass am 04.06.1947 in Ôsaka uraufgeführt wurde. Es schildert die Geschichte des berühmten Ôsakaer Shôgispielers Sakata Sankichi (阪田三吉; 1870-1946). Das Stück ist nochmals 1955 und 1962 verfilmt worden. Der Film von 1962 erhielt ein Jahr später noch eine Fortsetzung. Zuletzt erschien 1973 ein Fernsehfilm, von dem ich einen Ausschnitt auf YouTube finden konnte. Der Ausschnitt ist übrigens mit einem der berühmtesten Aussprüche Sakatas betitelt: „銀が泣いている“ (Der Silber weint). 1913 spielte Sakata eine berühmte Partie gegen Sekine Kanjiro. Sakata bot Sekine ein Silberopfer an, welches Sekine jedoch durchschaute. Der Silber schrie also laut: „Nimm mich, nimm mich“, doch weil Sekine in eben nicht nahm, sagt man, „der Silber weint“. Ob Sakata wirklich wie im Film geweint hat? Vgl. 伝説の棋士・阪田三吉の名言「銀が泣いている」に込められた想いとは?

1991 erschien der Film “王手” von Sakamoto Junji (阪本順治) in den japanischen Kinos. Er schildert das Leben von Tobita Ayumi (飛田歩), einem Shinkenshi und Kayama Ryuzo (香山龍三), einem professionellen Shôgispieler. Ein Shinkenshi ist jemand, der seinen Lebensunterhalt damit verdient, Shôgi um Geld zu spielen. Das der Film im ärmlichen Osakaer Stadtviertel Shinsekai spielt, ist da schon recht passend.

Durchaus auch ein wenig internationale Aufmerksamkeit hat „聖の青春“ (Satoshi: A Move for Tomorrow) erregt. Eine Verfilmung des gleichnamigen Buches aus dem Jahr 2016. Der Film folgt dem Leben des professionellen Shôgispielers Murayama Satoshi (村山聖; 1969-1998). Murayama erkrankte als Kind am nephrotischen Syndrom, was sich fortan auf seine Gesundheit auswirkte. Er musste so als Kind viel Zeit im Krankenhaus verbringen, wo er Shôgi spielte. 1994 entschied er sich nach Tôkyô zu gehen, um Meijin zu werden. Er konnte den Titel erspielen, erkrankte jedoch an Blasenkrebs. Statt sich behandeln zu lassen, spielte er weiter Shôgi und verstarb so bereits im Alter von 29 Jahren. Ein Besprechung des Film z.B. hier.


Ein anderes Biopic über einen Shôgispieler ist “泣き虫しょったんの奇跡“ (The Miracle of Crybaby Shottan) von Toyoda Toshiaki (豊田利晃). Der Film zeigt wie Segawa Shôji (瀬川晶司; *1970) professioneller Shôgispieler wurde. Segawa besuchte die Shôreikai, er erreichte zwar den dritten Dan, jedoch nicht den vierten Dan bis zum Alter von 26 Jahren. Er musste also die Schule verlassen, was bedeutete, dass er keine normale Möglichkeit mehr hatte ein professioneller Spieler zu werden. Segawa spielte weiterhin als Amateur und konnte sich so für einige Profi-Turniere qualifizieren. Er stellte dabei den Rekord von 17 Siegen zu 7 Niederlagen gegen Profispieler auf. Daraufhin bat er den Nihon Shôgi Renmei ihm eine außerordentliche Möglichkeit zur Qualifikation als Profispieler zu gewähren, was ihm tatsächlich 2005 erlaubt wurde. Er musste dazu sechs Spiele gegen unterschiedlich Profispieler spielen und davon drei gewinnen. Da ihm dies tatsächlich gelang, wurde er der erste Shôgispieler in 61 Jahren, der den professionellen Status durch Testspiele erhielt. Mittlerweile hält Segawa den 6 Dan.


2017 erschien die 2-teilige Live-Action Adaption des Erfolgsmangas „3月のライオン“ in den japanischen Kinos. Die Mangareihe erscheint seit 2007 im Magazin Young Animal und umfasst derzeit 14 Tankôbon Bände. Protagonist des Films ist Kiriyama Rei, ein 17-jähriger Profspieler, dessen Familie bei einem Autounfall ums Leben kam, als er noch klein war. Der Film erzählt von seinen Problemen mit seiner Adoptivfamilie, seinen Freunden und dem täglichen Leben als Profispieler.

Und zuletzt habe ich noch diesen wunderbaren Kurzfilm über Karolina Styczyńska gefunden. Styczyńska erreichte als erste nicht-Japanerin im Jahr 2017 den Status als professionelle Shôgispielerin. Styczyńskas Blog in Englisch.

Wir sehen also, dass Shôgi im japanischen Kino eine andere Darstellung widerfährt, als das Schach. Im Mittelpunkt steht eher das alltägliche Leben der Spieler und ihre Probleme. Wir finden zwar auch hier die Verbindung zur Obsession, jedoch kaum zum Wahn, wie öfters beim Schach im westlichen Film.