Und das sechste Pferd ging an: Chung Man Chan! Bericht vom Shôgi Kyu Cup Hamburg 2019

Er läuft und läuft … zum sechsten Mal nun schon wurde der Shôgi Kyu Cup am 9. November 2019 in Hamburg ausgespielt.
Ein Erfolgsgeheimnis dürfte die anregende Mischung aus vorwiegend lokalen Spielern und weiter Angereisten sein. Obgleich das Turnier sein Stammpublikum hat, tauchen beileibe nicht immer dieselben Teilnehmer auf. Trotzdem kamen wir auch dieses Jahr auf 14 Teilnehmer, davon im strengen Sinne 4 Jugendspieler. Die haben sich dieses Mal sogar ohne ihren angestammten Mentor, den Harburger Schachlehrer Jürgen Woscidlo, angemeldet, um ihre Spielkünste zu verbessern. Alle Achtung.
Was ist vom Gesamt-Turniergeschehen erwähnenswert?

René Gralla (li.) und Rolf Müller.
Rolf Müller (re.) und René Gralla.

Zum Einen die Anmeldung von Rolf Müller aus Lübeck. Hatte er doch in seinem Haus und Garten im Sommer 2019 ein eigenes Lübecker Turnier ins Leben gerufen, welches fabelhaft bei den Teilnehmern ankam. Rolf ließ sich von seinen – schon fast ‚konstant spärlich‘ zu nennenden Erfolgserlebnissen am Brett – nicht beirren und meldete sich wieder zum Shôgi Kyu Cup an! Selbst von einem Unfall, der die Autobahn stundenlang blockierte, ließ er sich nicht dauerhaft aufhalten, weshalb er zwei Runden verpasste. Ein wichtiger Zusatzgrund für diesen Einsatz wurde sogleich von ihm auf den Tisch gestellt – reichlich Kuchen für die Teilnehmer, welche sich nicht zweimal bitten ließen, … „Das Turnier“ belohnte ihn dafür auf seine Weise: er wurde nicht Letzter!
Wolfgang Reher, der sich nach seinem zweiten Platz beim Kyu Cup 2015 offensichtlich nach neuen Herausforderungen abseits des Shôgi-Bretts umschaut, flanierte wieder einmal als helfender Beobachter durch den Turniersaal.
Ingo Köhler, Vorjahressieger, wollte sich auf seinen Lorbeeren nicht ausruhen und suchte erneut die Herausforderung; die dieses Jahr härter ausfiel. Seinem Kyu Pferd zuhause war das sicherlich egal.

Ingo Köhler (re.) im Spiel vertieft gegen Uwe Frischmuth.
Ingo Köhler (re.) im Spiel vertieft gegen Uwe Frischmuth.

Besondere Freude musste Ingo Iwasaki empfunden haben. Hatte er letztes Jahr noch leicht geknickt den Spielsaal wegen seines persönlichen Turnierverlaufs verlassen– so lieferte er dieses Mal eine ihm entsprechende Leistung ab. Geht doch!

Ingo Iwasaki (re.) gegen Ian Meinköhn.
Ingo Iwasaki (re.) gegen Niels Meinköhn.

Die hohe Leistungsdichte zeigte sich dieses Jahr besonders deutlich. Neben den beiden ersten Turnierplätzen erreichten gleich 6 von 14 Teilnehmern 3 Punkte, welche sich auf die Plätze 3-8 verteilten. Anton Borysov, 14 Jahre alt, hatte bereits bei seinem Sieg gegen Yuki Nagahori eine besonders starke Duftmarke gesetzt, die er mit einem Sieg gegen Uwe Frischmuth noch verstärkte. Da ihm in sehr aussichtsreicher Stellung gegen René Gralla dann doch die Puste ausging, blieb ihm „nur“ der dritte Platz in der Abschlusswertung. Andernfalls hätte er um den Turniersieg mitgespielt. Trotzdem eine Riesenleistung, Anton!

Bester Hamburger Jugendspieler: Anton Borysov.
Bester Hamburger Jugendspieler: Anton Borysov.

Auch der viertplatzierte René Gralla schien mit seiner Leistung versöhnt, ist er doch Anton Borysov in letzter Sekunde trickreich von der Schippe gesprungen. Das Hamburger Urgestein Fabian Krahe landete als vorgewerteter 7ter auf dem 5ten Platz – welches für ihn zufriedenstellend sein dürfte.

Niels, Ian und Sven Meinköhn zusammen mit dem Turniersieger Chung Man Chan.
Niels, Ian und Sven Meinköhn zusammen mit dem Turniersieger Chung Man Chan.

Die hinteren Platzierungen sind allesamt mit einem zählbaren Punkt nach Hause gegangen. Darunter die drei Meinköhn-Brüder Niels, Ian und Sven, die sich weiterhin im Turniersaal blicken lassen.
Martin Wolff hatte mit 2 Punkten ein wohl durchwachsenes Ergebnis. Aber als Teilnehmer der gerade beendeten diesjährigen Janggi Weltmeisterschaft in China konnte er seine positiven Erinnerungen daran wohl beim Shôgi doch nicht ganz abschalten.

Martin Wolff (re.) gegen Niels Meinköhn.
Martin Wolff (re.) gegen Niels Meinköhn.

Unser Gründervater Masaomi Ishii hatte diesmal etwas mehr Erfolg als beim letztmaligen Alster Cup im April 2019, auf den wir an dieser Stelle aufmerksam machen wollen.

Masaomi Ishii (dritte v. re.)
Masaomi Ishii (dritte v. re.)

Das wichtigste zuletzt: auch seine Anmeldung als erster Spieler – unmittelbar nach der Siegerehrung zum Kyu Cup 2018 – hat in Chung Man Chan wohl die Kräfte freigesetzt, die es zu einem Turniersieg braucht. Er wollte es wissen. Formell an zweiter Stelle der Teilnehmerliste gesetzt, wollte er den missglückten Versuch im letzten Jahr ungeschehen machen. Der Turnierverlauf machte es Chung Man Chan auch diese Jahr nicht einfach – verlor er doch ausgerechnet gegen Yuki Nagahori – Neu-Hamburger und Sieger von Lübeck 2019.

Chung Man Chan (li.) gegen Yuki Nagahori in der vierten Runde.
Chung Man Chan (li.) gegen Yuki Nagahori in der vierten Runde.

Da Yuki seine Partie gegen das Hamburger Shôgitalent Anton Borysov in den Sand setze, ergab sich nach der 5ten und letzten Runde die Notwendigkeit zu einem Tiebreak – gemäß der Tradition des Shôgi Kyu Cups Hamburg. Bei Punktegleichheit werden die direkten Ergebnisse nicht gezählt – es wird in einem Tiebreak ausgeblitzt. Hier konnte sich Chung Man gegen Yuki durchsetzen. Herzlichen Glückwunsch!

René Gralla wies auf einen interessanten Umstand hin: seit Jahren werden unsere Shôgi Aktivitäten vom „chinesischen“ Konfuzius Institut massiv unterstützt; so auch diesmal. Shôgi erfreut sich auch in China seit Jahren wachsender Beliebtheit und Spielstärke. Insofern hatte der diesjährige Gewinner chinesischer Herkunft gegen einen Zweitplatzierten aus Japan so eine Art Heimvorteil, den dieser zu nutzen verstand …

Nach dem Ende dieses wieder in sehr freundschaftlicher Atmosphäre durchgeführten Turniers freuen wir uns schon auf den 18. April 2020: Dann findet das „Shôgi Open Hamburg“ statt. Der vormalige „Alster Cup“ wurde in „Shôgi Open Hamburg“ umbenannt, um klarer zum Ausdruck zu bringen, dass dieses Turnier offen für alle Teilnehmer ist – im Gegensatz zum „Shôgi Kyu Cup Hamburg“.

Uwe Frischmuth & René Gralla
Shôgi Hamburg

Die Teilnehmer des 6. Shôgi Kyu Cup.
Die Teilnehmer des 6. Shôgi Kyu Cup, und die Verantwortlichen des Konfuzius-Instituts (2. R. li.)

6. Shôgi Kyu Cup Hamburg 2019, 2019-11-09, Ergebnisse

Nr Name Nat Grade ELO 1 2 3 4 5 Pts +/-
1 Chan Chung Man HK 2 Kyu 1596 7+ 4+ 3+ 2- 5+ 4 6
2 Nagahori Yuki JAP 1720* 5+ 3- 6+ 1+ 4+ 4
3 Borysov Anton UKR 5 Kyu 1257 10+ 2+ 1- 4- 6+ 3 99
4 Gralla René DE 5 Kyu 1261 11+ 1- 9+ 3+ 2- 3 36
5 Krahe Fabian DE 6 Kyu 1257 2- 13+ 7+ 8+ 1- 3 37
6 Frischmuth Uwe DE 3 Kyu 1340 14+ 8+ 2- 10+ 3- 3 0
7 Iwasaki Ingo DE 7 Kyu 1181 1- 11+ 5- 13+ 9+ 3 16
8 Köhler Ingo DE 5 Kyu 1292 9+ 6- 13+ 5- 10+ 3 -7
9 Wolff Martin DE 9 Kyu 991 8- 14+ 4- 11+ 7- 2 31
10 Ishii Masaomi JAP 11 Kyu 762 3- 0+ 14+ 6- 8- 2 71
11 Meinköhn Niels DE 11 Kyu 860 4- 7- 12+ 9- 14+ 2 45
12 Müller Rolf DE 14 Kyu 538 0- 0- 11- 14- 13+ 1 24
13 Meinköhn Sven DE 1* 0+ 5- 8- 7- 12- 1
14 Meinköhn Ian DE 8 Kyu 1070 6- 9- 10- 12+ 11- 1 -52

Promoting Nagahori Yuki to 2 Kyu
Promoting Krahe Fabian to 5 Kyu
Promoting Iwasaki Ingo to 6 Kyu
Promoting Wolff Martin to 8 Kyu
Promoting Meinköhn Niels to 10 Kyu

In eigener Sache: Shôgi Hamburg hat nun einen YouTube-Kanal

Liebe Shôgi-Enthusiasten,

ich habe heute einen YouTube-Kanal eingerichtet. Ich hoffe, dort auch in Zukunft Videos von Shôgi-Partien, -Turnieren und Veranstaltungen, sowie von Veranstaltungen anderer Schachvarianten in Hamburg zu veröffentlichen.

Das erste Video ist eine Aufnahme vom Blitz um Platz 1 beim gestrigen 6. Shôgi Kyu Cup Hamburg:

6. Shôgi Kyu Cup Hamburg, 9. November 2019
Blitzpartie um Platz 1
Schwarz: Yuki Nagahori (-/1698 Elo*) vs.
Weiß: Chung Man Chan (2 Kyu/1596 Elo)
Ergebnis: 0-1

Die kif-Datei zum Download und nachspielen der Partie.

*vorläufige Elo-Zahl

Fabian Krahe

Shôgi in Manga und Anime

Von Fabian Krahe

Manga und Anime sind derzeit wohl das wichtigste kulturelle Exportprodukt Japans. Seit den 90er Jahren sind sie auch bei uns in Deutschland wirklich heimisch geworden. Für den Erfolg ist sicherlich auch das „Erwachsen werden“ des Anime – besonders durch Hideaki Annos „Neon Genesis Evangelion“, wobei am Ende von Folge 14 auch kurz Shôgi geübt wird – in diesem Jahrzehnt mit verantwortlich. Wichtige Meilensteine sind auch einem breiteren Publikum bekannt, die sonst keine Anime schauen, wie z.B. Akira (1991), Ghost in the Shell (1997) oder die Produktionen von Studio Ghibli. Mit für den Erfolg waren auch Serien verantwortlich, die ab Anfang der 2000er Jahre im deutschen Fernsehen liefen, wie Sailor Moon, Dragonball und Pokémon. Anders sieht es bei Manga aus. Während viele Jugendliche und junge Erwachsene Mangas lesen, haben sie in der popkulturellen Rezeption in Deutschland bisher doch eher wenig Aufmerksamkeit erfahren. Aber immerhin kommen so mehr Menschen in der Bundesrepublik mit japanischer Literatur in Kontakt, wurden und werden doch in Deutschland kaum Bücher japanischer Schriftsteller verlegt. Abgesehen natürlich von Murakami Haruki (村上春樹), der vielen doch auch erst durch einen „Skandal“ beim Literarischen Quartett bekannt geworden ist. Wobei der Skandal vor allem die betrübliche Übersetzungspraxis japanischer Bücher beleuchtet hat. Murakami mag einem großen Leserkreis auch in Deutschland haben, doch schon bei Kawabata Yasunari (川端康成), Mishima Yukio (三島由紀夫), Natsume Sôseki (夏目漱石) oder gar Endô Shûsaku (遠藤周作) wird man doch nur fragendes Kopfschütteln ernten.

Doch nun genug der deutschen Kulturignoranz. In Japan sind Manga allgegenwärtig. Hat ein Manga Erfolg, wird er fast immer auch schnell als Anime umgesetzt. Der Manga in seiner heutigen Form ist besonders durch Tezuka Ôsamu (手塚治虫), dem „Manga no Kami-sama“ (漫画の神様, Gott des Manga), geprägt worden, der in Deutschland allerdings kaum bekannt ist. Manga werden i.d.R. nach ihrer demographischen Zielgruppe kategorisiert, wobei die wohl wichtigste Kategorie der Shônen-Manga ist, der sich an junge, männliche Leser richtet. Zu dieser Kategorie zählen zum Beispiel die national und international bisher erfolgreichsten Manga One Piece und Dragon Ball. Auch wenn Fantasyformate am erfolgreichsten sind, erscheinen Manga zu allerlei möglichen Themen, von Kochen bis Sexualaufklärung.

Hikaru no Go

Auch Shôgi hat seinen großen auf Auftritt in kleinen Bildern, nur seinen Weg nach Deutschland haben sie bisher nicht gefunden. Immerhin hat der Manga „Hikaru no Gô“ (ヒカルの碁) seinen Weg in deutsche Buchhandlungen gefunden; was sicherlich auch daran liegt, dass Gô in Deutschland bekannter ist und mehr gespielt wird als Shôgi. Der Manga selbst ist auch eine Folge des langsamen Niedergangs des Gô in Japan in den 70er und 80er Jahren. Zu dieser Zeit galt Gô als das Spiel alter Männer und konnte daher nur wenige Kinder und Jugendliche begeistern. Es fehlte der Nachwuchs und Südkorea nahm Japan mittlerweile den Rang der führenden Gô-Nation ab. Mit dem Manga, einem Medium, dass der Nachwuchs kannte und liebte, sollten also neue Spieler gewonnen werden. So erhielt der Manga auch durch Umezawa Yukari 5-Dan (梅沢由香里) eine professionelle Unterstützung. Auch in Deutschland wurde der Manga zur Rekrutierung des Nachwuchses eingesetzt. Aus gleichem Grund sind auch Shôgimangas entstanden, um die Jugend für die schönste aller Schachvarianten zu begeistern. Die Geschichte von Hikaru no Gô dreht sich um den 12-jährigen Shinda Hikaru, der auf dem Dachboden seines Großvaters ein Gô-Brett findet, in dem der Geist Fujiwara no Sai wohnt. Mit dessen Hilfe taucht Hikaru immer  weiter in die Welt des Gôs ein. In Folge vier bzw. Sammelband 7 begegnen wir mit Kaga Tetsuo auch einem starken Shôgispieler und Präsident des Shôgiclubs der Haze Mittelschule. Er war früher Gô-Spieler, hat das Spiel jedoch aufgegeben, weil es ihm zu langeweilig wurde. Ab und zu spielt er noch Gô und schneidet bei Turnieren gut ab, da er immer noch ein guter Spieler ist. Die Serie erschien von 1999 bis 2003 in Shûkan Shônen Jump und ist mit 23 Sammelbänden abgeschlossen. Von 2001 bis 2003 strahlte TV Tokyo eine Anime Adaption mit insgesamt 75 folgen aus.

Die japanische Wikipedia hat eine eigene Kategorie mit Shôgi Manga, die immerhin 27 Einträge umfasst. Allerdings ist diese Liste weder vollständig, noch befassen sich alle dort aufgeführten Manga monothematisch mit Shôgi. Von diesen aufgezählten Manga sind lediglich eine Handvoll auch außerhalb Japans bekannt. Eine weitere gute Auflistung gibt es hier (japanisch). Im folgenden möchte ich nun auch international bekannte Manga vorstellen, in denen Shôgi vorkommt.

Sangatsu_no_Lion

Der bekannteste dürfte sicherlich „Sangatsu no Lion“ (3月のライオン‎) sein, der 2017 als Live-Action Film verfilmte wurde. Die Mangareihe von Umino Chika (羽海野チカ) erscheint seit 2007 im Magazin Young Animal und umfasst derzeit 15 Tankôbon Bände. Protagonist ist Kiriyama Rei, ein 17-jähriger Profispieler, dessen Familie bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, als er noch klein war. Der Manga erzählt von seinen Problemen mit seiner Adoptivfamilie, seinen Freunden und dem täglichen Leben als Profispieler. Eine englisch-, oder gar deutschsprachige Veröffentlichung steht leider noch immer aus, nicht aber eine französischsprachige, die von 2017 bis 2019 im belgischen Verlag Kana erschienen ist.

Neben Sangatsu no Lion sticht der Manga „81 Diver“ (ハチワンダイバー) von Shibata Yokusaru (柴田ヨクサル) heraus, der von 2006 bis 2014 im Magazin Shûkan Young Jump erschien. Die 33 Sammelbände das Manga sind in Zusammenarbeit mit Suzuki Daisuke 9-Dan (鈴木大介), der übrigens zu den wichtigsten Furibisha Experten gezählt wird, erschienen. Die Reihe folgt dem Protagonisten Sugata Kentarô, dem es nicht gelingt Profispieler zu werden und sich fortan als Shinkenshi über Wasser hält. 81diver_volume_1Nachdem er 183 Siege in Folge erspielen konnte, wird er von eine mysteriösen weiblichen Shinkenshi besiegt. Er wird Reinigungskraft in einem Maidcafé und Lehrling der Shôgspielerin, die ihn besiegt hat. 2008 wurde der Manga als Fernseh-Dorama mit insgesamt 11 Folgen von Fuji-TV adaptiert. Ein deutscher Release von Manga und Dorama ist bisher nicht erfolgt, und damit ist auch nicht mehr zu rechnen. Auch eine englischsprachige Ausgabe gibt es nicht, allerdings tauchen immer Mal wieder die Dorama Folgen mit Untertiteln, die von Dorama Fans erstellt wurden, im Internet auf.

Dontt cry Zeffiro totaal

Auf Englisch ist immerhin in zwei Bänden der Manga „Don’t Cry Zeffiro“ (笑え、ゼッフィーロ) von Yanagiha Akira (柳葉あきら) erschienen, den er ab 2008 für das mittlerweile eingestellte Magazin Shûkan Shôgi schrieb. Die Übersetzung erledigte der allseits bekannte Shôgipromoter Kawasaki „Hidetchi“ Tomohide und erschien bei Nekomado. Asukada ist das letzte verbliebene Mitglied seines Oberschuleshôgiclubs. Da er jedoch mindestens fünf Mitglieder braucht, um als Club an der Schule fortzubestehen, macht sich Asukada auf neue Mitglieder zu werben und schließlich mit dem Club an Wettkämpfen teilzunehmen. Der Manga erzählt damit eine klassische Clubgeschichte.

Shion_no_Ō_manga_volume_one

Leider auch nicht auf Deutsch oder Englisch, dafür aber auf Französisch (Kings of Shogi), ist der Manga „Shion no Ô“ (しおんの王) von Hayashiba Naoko (林葉直子), hier unter dem Namen Katori Masaru, und Andô Jirô (安藤慈朗) in 8 Sammelbänden erschienen. Die Reihe erschien von 2004 bis 2008 im Magazin Monthly Afternoon und ist mit 22 Folgen von 2007 bis 2008 von Fuji TV adaptiert worden. Der Manga fällt in das Genre Mysterie Thriller. Die Protagonistin Yasuoka Shion wird als Kind Zeuge des Mordes an ihren Eltern. Der Mörder nimmt den König aus dem Shôgiset ihres Vaters, daher glaubt sie, dass er ein Shôgispieler ist. Der Schock des Mordes führt dazu, dass Shion verstummt und fortan über ein Schreibpad kommuniziert. Aus Liebe zum Spiel und um den Mörder ihrer Eltern zu finden, beginnt sie selbst, das Shôgi zu meistern.

Ein wenig heraus fällt in dieser Auflistung „The Ryuo’s Work is Never Done!“ („りゅうおうのおしごと!“). The Ryuo’s Work is Never Done! ist eine Light Novel Reihe von Shiratori Shirô (白鳥士郎). Seit 2015 sind 11 Bände erschienen, außerdem ist die Serie mit vier Bänden als Manga und mit 12 Folgen als Anime adaptiert worden. Eine englische Übersetzung der Light Novel ist bei Book Walker als E-Book erschienen und nur über dessen Webseite erhältlich. Im Mittelpunkt der Handlung steht der 16 Jahre alte Kuzuryû Yaichi, der als Profispieler bereits den Titel des Ryû-ô gewonnen hat. Er nimmt die neun Jahre alte Hinatsuru Ai als seinen Lehrling an und die Romane folgen ihrem Weg in der Shôgi Welt. Die Reihe hat starke Lolicon und Yandere Elemente und ist daher mit Vorsicht zu genießen. Ich kann es nicht empfehlen.

NarutoCoverTankobon1

Als wichtiges japanisches Kulturgut taucht Shôgi auch in Mangas auf, die ein ganz anderes Thema haben. Am bekanntesten ist hier sicherlich der Manga Naruto (NARUTO -ナルト-), der zu den Erfolgreichsten überhaupt gehört. Der Manga spielt in einer Fantasywelt, in Ninja eine wichtige Rolle spielen. Der Protagonist Uzumaki Naruto hat sich als Ziel gesetzt der oberste Ninja seines Dorfes zu werden. Shôgi wird vor allem von dem Charakter Nara Shikamaru gespielt. Dieser ist äußerst intelligent, was durch das Shôgi spielen nochmals besonders betont werden soll. Durch seine Intelligenz kann er komplexe Situationen in kürzester Zeit durchdenken, dafür stellt er sie sich als Shôgipartien vor. Der Manga erschien von 1999 bis 2014 im Magazin Shônen Jump und umfasst als 72 Sammelbände. Die Anime Adaption erschien in zwei Serien mit insgesamt 720 Folgen. Siehe auch hier zu Shôgi bei Naruto. Durch Naruto hat auch Karolina Styczyńska, die erste nicht-japanische Profispielerin zum Shôgi gefunden.

Conan-Shogi web

Ein anderer in Deutschland wohl bekannter Manga, in dem Shôgi doch hin und wieder auftaucht ist Detektiv Conan (名探偵コナン). Die Krimireihe von Aoyama Gôshô (青山剛昌) läuft bereits seit 1994 im Magazin Shônen Sunday und bringt es damit auf bisher 96 Sammelbände. Die seit 1996 ununterbrochen auf Nippon TV laufende Anime Adaption hat mittlerweile auch mehr als 950 Folgen. In Fall 27, der aus den Kapiteln 99, 100 und 101 (Sammelband 10 & 11) besteht und im Anime in Folge 47 umgesetzt wurde, benutzt das Mordopfer Ôyama Masashi ein Feuerzeug und eine Tischdecke, um kurz vor seinem Tod eine Shôgibrett darzustellen und so auf seinen Mörder hinzuweisen. Der Hinweis funktioniert in der deutschen Übersetzung allerdings nicht, da er auf den Namenskanji der Verdächtigen und den Kanji der Shôgisteine basiert. Außerdem erfahren wir, dass man mit Shôgi auch andere Nachrichten übermitteln kann (s.l.). Ab Fall 244 (Kapitel 847, 848 und 849 in Sammelband 80; Folge 731 und 732 des Anime) wird der Shôgiprofi Haneda Shûkichi als (Ex-)Freund der Polizistin Miyamoto Yumi ein wiederkehrender Charakter. Shûkichi hat sich als Ziel gesetzt alle sieben Titel zu gewinnen. Als hervorragender Shôgispieler verfügt er über eine gute Kombinationsgabe und benutzt bei seinen Schlussfolgerungen Analogien zum Shôgi.

Wir sehen also bereits an diesen wenigen Beispielen, dass es eine ähnlich breite Verarbeitung des Shôgithemas in japanischen Manga und Anime, wie im japanischen Film gibt. Die Anzahl der Shôgithema Manga ist allerdings deutlich höher, als die von Anime oder gar von Filmen.

Gegenüber dem westlichen Kulturraum zeigt sich dann allerdings doch, wie stark bestimmend Manga in der japanischen Kultur ist, den vergleichbare Comicbücher mit Schachthematik gibt es in westlichen Kulturraum nicht. Es lassen sich einige Einzelwerke finden, wie eine Graphic Novel Adaption der Schachnovelle oder „The Incredible Adventures of Chessman“ von Großmeister John Watson, das 1975 bei The Chess House erschien. In amerikanischen Comicbüchern taucht Schach auch häufig in einzelnen Geschichten auf. Eine Übersicht findet sich hier. Daneben gibt es auch eine Vielzahl an Cartoons und Comicstrips. Große Comicbuchreihen mit Schachspielern als Protagonisten und von deren Liebe zum königlichen Spiel lassen sich allerdings nicht finden.

Schach und Shôgi im Film

Von Fabian Krahe

Schach spielt in Literatur und Film immer Mal wieder eine prominente Rolle. Und bevor ich einen kleinen Blick nach Japan werfe, möchte ich erstmal Schach im westlichen Kulturraum betrachten Das bekannteste Beispiel ist im deutschsprachigen Raum sicherlich Stefan Zweigs „Schachnovelle“, in der Zweig Schach als Metapher für den Kampf zwischen dem europäischen Kulturmenschen und dem Nationalsozialismus benutzte. Die Erzählung entstand zwischen 1938 und 1941 im Exil, in das der Pazifist 1934 aus Österreich vor den Austrofaschisten flüchtete. Dem Symbolismus der Geschichte opferte Zweig allerdings die Realität des Schachspiels, von dem er ohnehin kaum eine Ahnung hatte, so dass sich zusätzlich noch einige sachliche Fehler einschlichen. Dass so das Schachspiel auch wenig gut wegkommt, mag wenig verwundern. Siehe auch: Johannes Fischer: Ein symbolischer Rückzug. Kritische Anmerkungen zu Stefan Zweig, in: Karl Online. 20.04.2002.https://karlonline.org/kol03. 1960 verfilmte Gerd Oswald den Stoff mit Curd Jürgens und Mario Adorf in den Hauptrollen fürs deutsche Kino.

Auf die große Leinwand kam das Schach allerdings schon 1925 in Russland mit dem Film „Шахматная горячка“ (Schachfieber), der die große russische Schachbegeisterung der zwanziger Jahre satirisch kommentierte.

Der Film inspirierte auch Vladimir Nabokov zu seinem bekannten Roman „Защита Лужина“ (Lushins Verteidigung), in dem der Protagonist, dem Schach verfallen, sich am Ende (womöglich) das Leben nimmt, in dem er aus dem Badefenster springt. Marleen Gorris verfilmte den Roman schließlich 2000 mit John Turturro und Emily Watson in den Hauptrollen.

2014 wurde das Biopic “Pawn Sacrifice” (Bauernopfer – Spiel der Könige) von Edward Zick mit Tobey Maguire als Bobby Fischer zwar von Kritikern durchaus wohlwollend aufgenommen, war jedoch mit einem Einspielergebnis von 5,6 Millionen eine Box Office Bomb. Der Film schildert das Leben des großen amerikanischen Schachspielers Bobby Fischer und lässt die Handlung im „Match des Jahrhunderts“ zwischen Fischer und Boris Spasski kulminieren. Wie schon in Zweigs „Schachnovelle“ weißt das Schach hier weit über sich hinaus, wird das Spiel zum Kampf der Systeme. Fischer und Spasski sind bloß Bauern im Wettstreit von Kapitalismus und Kommunismus; die Könige sind Nixon und Breschnew.

Es ist bemerkenswert, dass in allen diesen Filmen – und es lassen sich leicht noch weitere Beispiele anführen – Schach als Obsession, gar als eine Art von Wahn dargestellt wird. Die Protagonisten sind ihm verfallen und immer fordert er, der Schachwahn, seinen psychischen, zuweilen auch physischen Tribut. Selbst in „2001 – A Space Odyssey“ nutzte der schachbegeisterte Stanley Kubrick das königliche Spiel, um zu zeigen, dass die KI HAL 9000 langsam ihren Verstand(?) verliert.

Anders ist es oft, wenn Schach der Charakterisierung einer Person dient und nicht das Hauptthema eines Filmes ausmacht. Schach dient dann oft dazu die Intelligenz, Intellektualität oder die Willensstärke eines Protagonisten herauszustreichen. Sei es in Harry Potter und der Stein der Weisen, Independence Day oder X-Men.



Und last but not least konnten wir die Erotik des königlichen Spiels in Filmen wie „The Thomas Crown Affair“ (Die Thomas Crown Affäre) von 1968 oder „Joueuse“ (Die Schachspielerin) von 2009 erleben.


So wie das Schach im westlichen Kulturraum, spielt Shôgi in Japan im Film eine ähnliche Rolle. Die japanische Wikipedia listet tatsächlich neun Filme zum Thema Shôgi auf.
Das erste Mal ist mir Shôgi in dem Film „聯合艦隊司令長官 山本五十六 -太平洋戦争70年目の真実-„ (Titel in Deutschland: Der Admiral. Krieg im Pazifik) von 2011 begegnet, denn keiner der in der Wikipedia aufgelisteten Filme wurde bisher in Deutschland veröffentlicht, abgesehen von einmaligen Aufführungen bei Filmfestivals. Der Film „Der Admiral“ zeigt die Rolle Yamamoto Isorokus (1884-1943) während des Pazifikkriegs. Isoroku entstammte einer Samurai-Familie, die im Boshin-Krieg auf Seiten des Shôgunats kämpfte. Ab 1901 begann er eine Karriere in der Marine. Von Anfang an stach er aufgrund seiner hervorragenden Leistungen hervor. Durch sie wurde er auch in den Yamamoto-Clan adoptiert und legte daher 1915 seinen bisherigen Familiennamen Takano ab. Yamamoto stieg rasch auf. 1939 übernahm er schließlich den Befehl über die Kombinierte Flotte und war maßgeblich an der Planung des Angriffs auf Pearl Habor beteiligt. 1943 wurde sein Flugzeug von amerikanischen Fliegern abgeschossen und er nahm sich noch in der Luft das Leben.
Yamamoto hatte seit seiner Jugend ein starkes Interesse am Shôgi. Dies hielt sich auch noch während er den Oberbefehl über die Kombinierte Flotte innehatte. Es heißt, er habe abends ab acht Uhr oft mehrere Stunden Shôgi gespielt. Tatsächlich ist überliefert, wie er selbst während der Schlacht von Midway, als die Nachricht hereinkam, dass die drei Flugzeugträger Akagi, Kaga und Sôryû bombardiert wurden, Shôgi spielte. Vgl. seinen japanischen Wikipediaeintrag.

Leider habe ich auf YouTube keinen Zusammenschnitt mit den Shôgiszenen finden können. Aber auch der Film „軍神山本元帥と連合艦隊“ (Gunshin Yamamoto gensui to rengô kantai) aus dem Jahr 1956 hat eine längere Szene, die Yamamoto beim Shôgispielen zeigt. Nicht dass der Film gut wäre, aber immerhin hat irgendwer den bei YouTube eingestellt. Die japanische Wikipedia listet insgesamt neun Filme und ein Fernsehdrama über Yamamoto auf, inwiefern dort Shôgi gezeigt wird, konnte ich leider nicht herausfinden.

Auch in Kitano Takeshis (北野武) Yakuzafilm „Brother“ aus dem Jahr 2000 ist Shôgi in zwei Szenen zu sehen. Einmal dient Shôgi zur Gestaltung einer Szene in Form eine Deko-in-Motion, in der der Protagonist Yamamoto Aniki, gespielt von Kitano, eine Partie gegen einen seiner Mitstreiter spielt. Ein weiteres Mal spielt Shôgi auch eine kleinen dramaturgischen und Black-Humor-mäßgen Part in einer recht makabren Szene: Aniki bestraft einen Dealer, der ihn betrügen wollte, auf die Weise, dass er dem Mann Shôgi-Steine in den Mund stopft – und dann zuschlägt, gezielt auf den Mund, so dass der Getroffene reflexartig die Zähne zusammenbeiß … und wir sehen sofort das Resultat: der Bestrafte spuckt Blut und Zähne und Shôgisteine. Dass Takeshi Kitano ausgerechnet Shôgi in den Film eingebaut hat, hat einen guten Grund. Takeshi Kitano ist selber totaler Shôgifan, wie deutlich geworden ist in einem Interview, das er mit René Gralla anlässlich des Starts von „Zatoichi“ 2004 in Hamburg im Hotel „Atlantic“ geführt hat. In diesem Interview hat er nämlich am Ende, als René ihn auf Shôgi angesprochen hat, den Verlauf einer Vorgabepartie erklärt, die er gegen Habu im Fernsehen bestritten habe. Ohne Brett und Steine erklärte er René, wie ihm Habu zunächst ein komplettes Anaguma-Castle als Vorgabe in der Partie gewährt habe und wie Habu dieses Anaguma in kürzester Zeit zertrümmert habe.

Aber es gibt auch einige japanische Filme in denen das Shôgithema bestimmend ist. Das erste Mal bereits 1948 mit der Verfilmung von „王将“ (Ôsho) durch Itô Daisuke (伊藤大輔). Ôsho ist ein Theaterstück von Hôjô Hideji (北条秀司), dass am 04.06.1947 in Ôsaka uraufgeführt wurde. Es schildert die Geschichte des berühmten Ôsakaer Shôgispielers Sakata Sankichi (阪田三吉; 1870-1946). Das Stück ist nochmals 1955 und 1962 verfilmt worden. Der Film von 1962 erhielt ein Jahr später noch eine Fortsetzung. Zuletzt erschien 1973 ein Fernsehfilm, von dem ich einen Ausschnitt auf YouTube finden konnte. Der Ausschnitt ist übrigens mit einem der berühmtesten Aussprüche Sakatas betitelt: „銀が泣いている“ (Der Silber weint). 1913 spielte Sakata eine berühmte Partie gegen Sekine Kanjiro. Sakata bot Sekine ein Silberopfer an, welches Sekine jedoch durchschaute. Der Silber schrie also laut: „Nimm mich, nimm mich“, doch weil Sekine in eben nicht nahm, sagt man, „der Silber weint“. Ob Sakata wirklich wie im Film geweint hat? Vgl. 伝説の棋士・阪田三吉の名言「銀が泣いている」に込められた想いとは?

1991 erschien der Film “王手” von Sakamoto Junji (阪本順治) in den japanischen Kinos. Er schildert das Leben von Tobita Ayumi (飛田歩), einem Shinkenshi und Kayama Ryuzo (香山龍三), einem professionellen Shôgispieler. Ein Shinkenshi ist jemand, der seinen Lebensunterhalt damit verdient, Shôgi um Geld zu spielen. Das der Film im ärmlichen Osakaer Stadtviertel Shinsekai spielt, ist da schon recht passend.

Durchaus auch ein wenig internationale Aufmerksamkeit hat „聖の青春“ (Satoshi: A Move for Tomorrow) erregt. Eine Verfilmung des gleichnamigen Buches aus dem Jahr 2016. Der Film folgt dem Leben des professionellen Shôgispielers Murayama Satoshi (村山聖; 1969-1998). Murayama erkrankte als Kind am nephrotischen Syndrom, was sich fortan auf seine Gesundheit auswirkte. Er musste so als Kind viel Zeit im Krankenhaus verbringen, wo er Shôgi spielte. 1994 entschied er sich nach Tôkyô zu gehen, um Meijin zu werden. Er konnte den Titel erspielen, erkrankte jedoch an Blasenkrebs. Statt sich behandeln zu lassen, spielte er weiter Shôgi und verstarb so bereits im Alter von 29 Jahren. Ein Besprechung des Film z.B. hier.


Ein anderes Biopic über einen Shôgispieler ist “泣き虫しょったんの奇跡“ (The Miracle of Crybaby Shottan) von Toyoda Toshiaki (豊田利晃). Der Film zeigt wie Segawa Shôji (瀬川晶司; *1970) professioneller Shôgispieler wurde. Segawa besuchte die Shôreikai, er erreichte zwar den dritten Dan, jedoch nicht den vierten Dan bis zum Alter von 26 Jahren. Er musste also die Schule verlassen, was bedeutete, dass er keine normale Möglichkeit mehr hatte ein professioneller Spieler zu werden. Segawa spielte weiterhin als Amateur und konnte sich so für einige Profi-Turniere qualifizieren. Er stellte dabei den Rekord von 17 Siegen zu 7 Niederlagen gegen Profispieler auf. Daraufhin bat er den Nihon Shôgi Renmei ihm eine außerordentliche Möglichkeit zur Qualifikation als Profispieler zu gewähren, was ihm tatsächlich 2005 erlaubt wurde. Er musste dazu sechs Spiele gegen unterschiedlich Profispieler spielen und davon drei gewinnen. Da ihm dies tatsächlich gelang, wurde er der erste Shôgispieler in 61 Jahren, der den professionellen Status durch Testspiele erhielt. Mittlerweile hält Segawa den 6 Dan.


2017 erschien die 2-teilige Live-Action Adaption des Erfolgsmangas „3月のライオン“ in den japanischen Kinos. Die Mangareihe erscheint seit 2007 im Magazin Young Animal und umfasst derzeit 14 Tankôbon Bände. Protagonist des Films ist Kiriyama Rei, ein 17-jähriger Profspieler, dessen Familie bei einem Autounfall ums Leben kam, als er noch klein war. Der Film erzählt von seinen Problemen mit seiner Adoptivfamilie, seinen Freunden und dem täglichen Leben als Profispieler.

Und zuletzt habe ich noch diesen wunderbaren Kurzfilm über Karolina Styczyńska gefunden. Styczyńska erreichte als erste nicht-Japanerin im Jahr 2017 den Status als professionelle Shôgispielerin. Styczyńskas Blog in Englisch.

Wir sehen also, dass Shôgi im japanischen Kino eine andere Darstellung widerfährt, als das Schach. Im Mittelpunkt steht eher das alltägliche Leben der Spieler und ihre Probleme. Wir finden zwar auch hier die Verbindung zur Obsession, jedoch kaum zum Wahn, wie öfters beim Schach im westlichen Film.

Tori Shôgi (禽将棋) – Spielregeln

Von Fabian Krahe

Tori Shôgi (Vogel-Schach) ist eine Shôgivariante, die 1799 von Toyota Genryu erfunden, traditionell aber seinem Lehrer Ôhashi Sôei zugeschrieben wird. Das Spiel wurde 1828 und nochmals 1833 der Öffentlichkeit präsentiert. Im Tori Shôgi tragen alle Steine die Namen von Vögeln, daher der Name des Spiels. So ist in dieser Variante nicht der König, sondern der Phönix Schachmatt zu setzen. Genauso wie bei seiner großen Schwester, findet in diesem Spiel die Einsetz- und die Promotionsregel Anwendung. Tori Shôgi gehört zu den sehr wenigen Shôgivarianten, die tatsächlich noch gespielt werden.

Ziel des Spiels

Ziel des Spiels ist es, den gegnerischen Phönix Schachmatt zu setzen.

Spielbrett und Steine

Das Spiel wird von zwei Spielern gespielt: Sente (先手, wörtl. Anziehender, dt. Schwarz) und gote (後手, wörtl. Nachziehender, dt. Weiß). Das Brett besteht aus 49 rechteckigen Feldern in sieben Reihen und Sieben Linien. Alle Felder haben dieselbe Farbe. Jeder Spieler hat 16 Steine (駒, koma), die dieselbe Form wie Shôgisteine haben. Jeder Stein ist nach einem Vogel benannt. Jeder Spieler hat: 1 Phönix, 1 Falken, 2 Kraniche, 2 Fasane, 2 Wachteln und 8 Schwalben. Jeder Stein ist mit dem entsprechenden Kanji beschriftet. Steine, die befördert werden können, sind auf ihrer Rückseite entsprechend beschriftet. Von der Wachtel gibt es je einen linken und einen rechten Stein. Bei diesen ist auf der Rückseite vermerkt, um welchen es sich handelt. Sämtliche Steine haben dieselbe Farbe. Ihre Ausrichtung determiniert, von welchem Spieler sie kontrolliert werden.

Die Spielsteine

Koma Romaji (Kun- / On-yomi) Englisch Deutsch Westl. Notation
ootori / hô Phoenix Phönix Ph
taka / ô Falcon Falke Fa
kumataka / shû Mountain Hawk Eagle Nepalhaubenadler +Fa
tsuru / kaku Crane Kranich Cr
kiji / chi Pheasant Fasan Pt
uzura / jun Quail Wachtel Q (RQ und LQ)
tsubame / en Swallow Schwalbe Sw
kari / gan Wild Goose Feldgans +Sw

 

Die Spielsteine und ihre Bewegung

Der Phönix

Der Phönix kann sich ein Feld in jede Richtung bewegen, orthogonal und diagonal.
Phönix

Der Falke

Der Falke kann sich ein Feld in jede Richtung bewegen, orthogonal und diagonal, nur nicht direkt hinter sich. Er kann zum Nepalhaubenadler befördert werden.
Falke

Der Nepalhaubenadler

Der Nepalhaubenadler kann sich beliebig weit diagonal vorwärts oder direkt rückwärts bewegen. Oder er kann sich ein Feld direkt vorwärts oder seitlich bewegen oder bis zu zwei Felder diagonal nach hinten.
Nepalhaubenadler

Der Kranich

Der Kranich kann sich ein Feld diagonal oder ein Feld vor- oder rückwärts bewegen.
Kranich

Der Fasan

Der Fasan kann sich ein Feld diagonal rückwärts bewegen oder er kann auf das zweite Feld direkt vor sich springen. Dabei kann er andere Steine überspringen. Beachte, dass der Fasan durch seine Bewegung nur etwa die Hälfte der Felder auf dem Spielbrett erreichen kann. Fasan

Linke Wachtel

Die linke Wachtel kann sich ein Feld diagonal nach links hinten bewegen. Oder die linke Wachtel kann sich beliebig weit direkt nach vorne oder diagonal nach rechts hinten bewegen.
Linke Wachtel

Rechte Wachtel

Die rechte Wachtel kann sich ein Feld diagonal nach links rechts bewegen. Oder die rechte Wachtel kann sich beliebig weit direkt nach vorne oder diagonal nach links hinten bewegen.
Rechte Wachtel

Die Schwalbe

Die Schwalbe kann sich ein Feld direkt nach vorne bewegen.
Schwalbe

Die Feldgans

Die Feldgans kann auf das zweite diagonal vor ihr liegende Felde oder auf das zweite Feld direkt hinter ihr springen. Sie kann damit andere Steine überspringen. Beachte, dass die Feldgans durch ihre eingeschränkte Bewegung nur etwa ein viertel der Felder auf dem Spielbrett erreichen kann.
Feldgans

Die Grundstellung

Tori Shôgibrett Grundstellung klein

Sente beginnt das Spiel. In jedem Zug kann ein Spieler einen seiner Steine bewegen, einen gegnerischen Stein schlagen und seinen Stein befördern oder einen Stein auf dem Brett einsetzen.

Bewegen und Schlagen

Ein gegnerischer Stein wird geschlagen, indem man seinen eigenen Stein auf das Feld bewegt, auf dem ein gegnerischer Stein steht. Der gegnerische Stein wird vom Brett genommen und kann nun von dem Spieler, der ihn geschlagen hat, im nächsten Spielzug wieder auf dem Brett, nun als eigener Spielstein, wiedereingesetzt werden. Ein Stein darf nicht auf ein Feld gezogen werden, das bereits von einem eigenen Stein besetzt wird.

Einsetzen

Wird ein Stein eingesetzt, darf dieser nur auf ein unbesetztes Feld eingesetzt werden. Sämtliche Steine werden unbefördert eingesetzt. Für die Schwalbe gelten drei Sonderregeln: Erstens darf die Schwalbe nicht in der letzten Reihe eingesetzt werden, da sie dort keinen legalen Zug mehr ausführen könnte. Zweitens darf eine Schwalbe nicht auf eine Linie gesetzt werden, auf der sich bereits zwei Schwalben befinden. Eine Feldgans zählt nicht als Schwalbe. Drittens darf nicht durch Einsetzen einer Schwalbe der Gegner unmittelbar Schachmatt gesetzt werden.

Befördern

Die zwei letzten Reihen sind für den jeweiligen Spieler seine Beförderungszone. Führt ein Stein seine Bewegung vollständig oder teilweise, d.h. bewegt sich in oder aus der Beförderungszone heraus, kann dieser Stein im Anschluss an die Bewegung befördert werden. Dabei wird der Stein auf die Vorderseite gedreht, so dass seine Rückseite oben liegt. Der Stein verfügt nun über die neuen entsprechenden Bewegungsmöglichkeiten.

Sennichite (千日手)

Wenn die gleiche Stellung dreimal wiederholt wird, muss der Spieler, der die Zugsequenz begonnen hat, seinen Zug ändern. Eine Stellung wird als gleich angesehen, wenn die Stellung der Steine auf dem Brett und die Steine in der Hand die gleichen sind.

Schach und Schachmatt

Zieht ein Spieler einen Stein, dass der Stein droht im nächsten Zug den gegnerischen Phönix zu schlagen, wird dies als „Schach geben“ bezeichnet, der gegnerische Phönix „steht im Schach“. Ein Spieler ist verpflichtet, dass Schach im nächsten Zug zu beenden. Wenn der Phönix eines Spielers im Schach steht und dieser keinen legalen Zug durchführen kann, der seinen Phönix aus dem Schach herausbringt, es also unumgänglich ist, dass der gegnerische Spieler in seinem nächsten Zug den Phönix schlägt, dann ist dies Schachmatt und der Spieler hat verloren. Dauerschach ist verboten.

Spielende

Der Spieler, der den gegnerischen Phönix schlägt, gewinnt. Steht der Phönix im Schachmatt, gibt der Spieler auf. Das sollte geschehen, indem er sich verbeugt und deutlich „Makemashita“ „Ich habe verloren“ sagt. Dabei wird üblicherweise die rechte Hand über das Komadai (駒台) gehalten. Ein Spieler verliert sofort, wenn er einen illegalen Zug ausführt. Es ist nicht erlaubt, absichtlich einen illegalen Zug auszuführen. Es ist ebenfalls nicht erlaubt, ein Remis zu vereinbaren.

Handicapspiele

Bei Spielen mit Spielern unterschiedlicher Stärke kann mit Handicap gespielt werden. Gote spielt das Spiel mit einer dem Spielstärkeunterschied entsprechenden Zahl von Steinen weniger und beginnt das Spiel. Es ist zu beachten, dass die entfernten Steine nicht im weiteren Verlauf des Spiels zur Verfügung stehen; sie werden komplett entfernt.

Übliche Handicaps sind: Gotes linke Wachtel wird entfernt; Gotes Falke wird entfernt; Gotes Falke und linke Wachtel werden entfernt; Gotes Falke und beide Wachteln werden entfernt.

Notation

Die Notation folgt der westlichen oder japanischen Notation des Shôgi. Die Abkürzungen können der Tabelle der Spielsteine entnommen werden.

Tori Shôgi Spielregeln zum Download (PDF)