Mit ein wenig göttlichem Beistand ein besserer Shôgispieler werden

Von Fabian Krahe

Tabletopspieler wissen es schon lange: Nur wer die Würfelgötter nicht erzürnt, wird am Ende siegreich aus einer Schlacht hervorgehen. Aber an wen wenden sich wir Shôgispieler? Wir können natürlich die schöne Caïssa anrufen, die Göttin des Schachs und um ihre Gunst bitten. Oder wir erbitten uns direkt Beistand im Land der Götter.

Caïssa, die Göttin des Schachs in einem Gemälde von Domenico Maria Fratta (1696-1763)

Wer einmal zu Gast ist im Land der aufgehenden Sonne und sich in Tokyo aufhält, sollte unbedingt den in Sendagaya gelegenen Hatonomori-hachiman-jinja 鳩森八幡神社 besuchen. Der Schrein wurde 860 n.Chr. errichtet. In ihm werden der mythische Ôjin Tennô 応神天皇 (200-310; 15. Tennô 270-310) und dessen Mutter Jingû-kôgô 神功皇后 (ca. 169-269), die nach dem Tod ihres Mannes der Legende nach allein über Japan herrschte, verehrt. Der Schrein hat zahlreiche Zweigschreine im ganzen Land. 1976 wurde in der Nähe des Schreins das Shôgikaikan 将棋会館, der Sitz des Nihon Shôgi Renmei errichtet. In der Folge besuchten viele Shôgispieler regelmäßig den Schrein. 1986 wurde auf dem Schreingelände das Shôgi-do 将棋堂 erbaut, in dem ein großer Shôgistein mit einer Höhe von 1,20 m steht, der von Ôyama Yasuharu 大山康晴, dem 15. Meijin auf Lebenszeit und damaligen Vorsitzenden des Nihon Shôgi Renmei gestiftet wurde.

Shôgi-do 将棋堂 (Foto: Thirteen-fri via wikimedia)
Ôgoma 大駒 im Shôgi-do 将棋堂 via Twitter 鳩森八幡神社@hatonomori8man https://twitter.com/hatonomori8man/status/1252756345633169408

Der Ôgoma verbleibt traditionell hinter der geschlossenen Tür des Shôgi-do. Nur einmal im Jahr, am 5. Januar, wird er für drei Stunden der Öffentlichkeit präsentiert. Zu diesem jährlichen Gebetsfest 祈願祭 kommen hohe Repräsentanten des Shôgi, sowie ausgewählte Shôgispieler und beten für die Entwicklung des Shôgi. Anschließend wird in einem speziellen Raum Shôgi gespielt.

In den letzten Jahren hat das Interesse am Shôgi-do zugenommen, vor allem, weil dort Filme wie „Satoshi no Seishun“ und „Sangatsu no Lion“ gedreht wurden. Viele kommen auch, um am Schrein ein Shôgi-o-mamori 御守り zu erwerben. Diese Schutzzeichen sollen dabei helfen das Spiel zu verbessern. O-mamori wirken ein Jahr lang, dann müssen sie erneut gekauft werden und helfen so den Schreinen und Tempeln regelmäßige jährliche Einnahmen zu generieren.

Das Shôgi-dô in Sendagaya ist nur einer von mehreren Pilgerstätten in Japan für Shôgifans. So wird zum Beispiel jedes Jahr am Fuße des Tsûtenkaku in Ôsaka eine Shintôzeremonie zu Ehren Sakata Sankichis 阪田三吉 abgehalten und die Stadt Tendô 天童市 ist nicht nur für ihre Produktion von Shôgisteinen bekannt, sondern auch für ihr jährliches Ningen-Shôgi.

Shôgi-o-mamori 御守り via いつつ -Blog https://www.i-tsu-tsu.co.jp/blog/hatonomorihatimanshrine/
Ôyama Yasuharu (1923-1992), 15. Meijin auf Lebenszeit nachdem er seinen ersten Meijintitel 1952 gewann.

Der Schrein wird auch in diesem kleinen Video über die Profispielerin Kagawa Manao 香川愛生 gezeigt. Ab Min. 2:43, engl. Untertitel sind verfügbar. Kagawa Manaos YouTube-Channel.

Erstmals Spielaufzeichnung via künstlicher Intelligenz

Von Fabian Krahe

Zum ersten Mal wurden am 16. Mai 2020 zwölf offizielle Partien nicht von einem Menschen protokolliert, sondern von einem Computerprogramm: Das „Ricoh-Shôgi-AI-Aufzeichnungssystem“ リコー将棋AI棋譜記録システム zeichnet die Partie auf, indem es mithilfe einer Kamera an der Decke die Züge registriert und automatisch ein Kifu erstellt. Nach einer längeren Testphase wurde das System jetzt erstmals beim Frauen-Ôza-Turnier eingesetzt, welches von Ricoh gesponsert wird; dem Unternehmen, das diese Technik entwickelt hat. Der Nihon Shôgi Renmei reagiert damit zum einen auf einen Mangel an Protokollführern, die aus den Mitgliedern der Shoreikai kommen und kaum mehr ausreichen, um die mittlerweile über 3000 offiziellen Spiele pro Jahr zu protokollieren. Zum anderen hofft der Verband, dadurch auch das Risiko einer Verbreitung des Coronavirus zu vermindern. Ein Video hier.

Der technische Fortschritt macht vor Shôgi auch nicht halt und wir werden den Einsatz von künstlichen Aufzeichnungssystemen in Zukunf sicherlich häufiger sehen.

Quellen:

  1. „将棋界で「AI記録係」デビュー係務める奨励会員が減り導入3密回避に有効“, Mainichi Shinbun, 16.05.2020. Online: https://mainichi.jp/articles/20200516/k00/00m/040/082000c
  2. „将棋の棋譜もAIで 人手不足解消や感染予防も“, NHK, 16.05.2020. Online: https://www3.nhk.or.jp/news/html/20200516/k10012433011000.html
  3. 「リコー将棋AI棋譜記録システム」が第10期リコー杯女流王座戦一次予選で本稼働 ~棋譜の記録を無人化し、新型コロナの感染リスク低減にも貢献~, Nihon Shôgi Renmei, 18.05.2020. Online: https://www.shogi.or.jp/news/2020/05/ai10.html

Updated: 19.05.2020

Checkmate Corona – チェックメイトコロナ

Alle Wettkämpfe bis auf Weiteres gestrichen und ein Ende der Krise noch nicht in Sicht: Die Covid-19-Pandemie hat auch den Turnierbetrieb im Shôgi abrupt ausgebremst. So dass viele Leute inzwischen zu fragen beginnen: Muss das wirklich sein? Wann dürfen wir endlich wieder gemeinsam am Brett sitzen?! Leider scheinen Vorsicht und Social Distancing momentan aber noch der beste Plan zu sein, schließlich kann das fiese Coronavirus überall und nirgends lauern und unverhofft sogar in vordergründig harmlosen Alltagssituationen zuschlagen …

Beware of the Virus: ein Corona-style Lampenschirm konfrontiert den Autor René Gralla mit einem überraschenden „Close Encounter of the Third Kind“ (Mr. Steven Spielberg, bitte übernehmen Sie!). Foto: Agnieszka Skrentny.

… um so wichtiger ist es, cool zu bleiben und das Virus clever auszutricksen. Mit einer smarten digitalen Gegenstrategie, die von Shogi Deutschland e.v. jetzt gefahren wird: Nach der vom 11. bis 19. April 2020 ausgespielten Corona-Krone auf 81Dojo.com bietet die selbe Plattform in Kürze die super Chance, sich dort für das diesjährige International Shogi Forum in Tokio (23.-25.10.2020) zu qualifizieren. Die K.o-Runden starten am 15. Mai 2020 (Anmeldeschluss ist am 13. Mai 17:00 Uhr), und wer bis zum 14. Juni 2020 noch immer nicht – virtuell – zu Boden gegangen ist, räumt das Japan-plus-Shôgi-as-Shôgi-can-Ticket ab, und zwar absolut FOR FREE! Checkmate CORONA – setzen wir gemeinsam das Virus matt! Und rocken ganz lässig den Lockdown!

René Gralla

Cool bleiben und digital das Virus mattsetzen: Das lässt Corona keine Chance, meint Shôgi-Altrocker René Gralla (hier in einer historischen Aufnahme vom 18. März 1994, reproduziert von Wolfgang Geise).

Kleine Shôgiknobelei

Iguchi Takashi, eine Shôgilehrer aus Kôbe hat auf Twitter (井口高志@takashi_iguchi) eine sehr lustige Shôgiknobelei gepostet:

Link zum Tweet: https://twitter.com/takashi_iguchi/status/1253157639443197956?s=20

Es geht darum, die Shôgisteine in der linken Figur so zu bewegen, dass sie die rechte Figur bilden. Diese Knobelei ist schon früher in der Shôgiwelt benutzt worden. Wer es schafft, das im Kopf zu lösen, der kann vlt. schon auf Profiniveau spielen?

Ein Video mit der Lösung findet sich auf Twitter hier: https://twitter.com/takashi_iguchi/status/1253501073853018117?s=20

Ein Shôgibrett selbst bauen

Von Fabian Krahe

Ich habe mir vor einiger Zeit ein Torishôgi Set gekauft. Die Box mit den Steinen beinhaltete neben den Regeln auch einen Spielplan auf Papier. Das ist ausreichend, aber nicht so schön wie ein eigenes Torishôgibrett. Nach kurzer Recherche musste ich feststellen, dass es so ohne Weiteres keine Torishôgibretter zu kaufen gibt. Also habe ich mir kurzerhand selber zwei gebaut. Ein Klappbrett und ein „Normales“. Dazu braucht es weder viel Zeit noch großes handwerkliches Können. Die Bauanleitung lässt sich natürlich auch auf andere Brettergrößen anwenden.

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Materialien:
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  1. Holz (3-10 Euro)
  2. Schleifpapier (80 Cent bzw. 1,60 Euro für 2 St.)
  3. Geodreieck und langes Lineal
  4. Bleistift
  5. Schwarzer Permanentmarker o.Ä.
  6. Klarlack in einer Sprühdose (5 Euro für den günstigsten auf Epoxidharzbasis, den darf man dann nicht mit bestimmten anderen Farben benutzen, reicht hier aber völlig)
  7. Stoff (ein paar Euro pro laufendem Meter; ich hatte noch Stoff von einem anderen Projekt übrig)
  8. Holzleim (3-5 Euro)
  9. Pinsel

Das Holz kann man im Baumarkt direkt in der richtigen Größe zuschneiden lassen. Ich habe einfaches Leimholz mit einer Stärke von 1,5 cm genommen. Das ist stabil und kostet nicht viel.
Ein Feld auf einem Shôgibrett sollte mindestens eine Größe von 3,3 x 3,5 cm (alternativ auch 3,5 x 3,7) haben. D.h. das Spielfeld eines Torishôgibretts ist 23,1 x 24,5 cm groß. Dazu noch einen Rand rechnen: Ich habe 0,5 cm pro Seite genommen. Im Nachhinein hätte ich doch eher 1 cm oder 1,5 cm genommen, denn auf den breiteren Rand hätte ich noch gut die Zahlen zur Notation schreiben können, aber mit den Maßen 24 x 25,5 cm bin ich absolut zufrieden. Soll ein Klappbrett gebaut werden, ist zu beachten, dass Shôgibretter längsseits gefalltet werden. Hierfür werden also zwei Bretter von 12 x 25,5 cm gebraucht (den einen Millimeter habe ich mir geschenkt).
Zuerst habe ich die Kanten mit einem Sandpapier mit einer 80er Körnung ein klein wenig abgerundet, dann die Oberfläche und Kanten mit einem Schleifpapier mit 240er Körnung abgeschliffen. Anschließend habe ich die Bretter mit Klarlack besprüht, um sie zu versiegeln. Das habe ich 24 Stunden trocknen lassen und dann mit der 240er Körnung vorsichtig geschliffen, um aufgerichtete Holzfasern loszuwerden. Anschließend habe es ein zweites Mal mit Klarlack besprüht. Die Versiegelung der Oberfläche verhindert, dass später die Farbe für die Linien ausfranst, weil sie in das Holz einzieht. Den Klarlack habe ich erneut 24 Stunden trocknen lassen. Der Klarlack sollte nur im Freien aufgetragen werden, außerdem empfehle ich einen Mundschutz zu tragen.
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Im nächsten Schritt habe ich die Linien mit Bleistift vorgezeichnet und mit dem Permanentmarker nachgezogen. Auf der Rückseite habe ich Stoff mit Hilfe von Holzleim angeklebt. Der Stoff fungiert beim Klappbrett als Scharnier, so liegt das Klappbrett plan auf dem Tisch auf, anders als wenn ich ein Metallscharnier auf die Rückseite geschraubt hätte ohne es zu versenken, wie dies bei billigen Shôgibrettern der Fall ist. Ich empfehle, den Holzleim mithilfe eines Pinsels und verdünnt mit etwas Wasser auf der Rückseite zu verteilen. Trocknen lassen. Fertig.
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